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DDR-Computertechnik
- Die Entwicklung von Computern ist zwangsläufig eng mit der Entwicklung von
mikroelektronischen Schaltkreisen verbunden. Aufgrund des Embargos der westlichen
Industrieländer (NSW = Nichtsozialistisches Wirtschaftsgebiet) waren die
Länder des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW), unter Federführung
der damaligen UdSSR, auf eigene Entwicklungen angewiesen. So auch die DDR. Bei jeder
Gelegenheit war man darauf bedacht, die eigene Leistungsfähigkeit unter Beweis zu
stellen. Insbesondere die Leipziger Frühjahrsmessen wurden dazu benutzt, Schaltkreise
zu präsentieren, die kurz zuvor unter einer anderen Bezeichnung im NSW auf den Markt
gekommen waren (z. B. U 880 = Z80, K 1810 WM 86 = i8086).
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- Daß es dabei nicht immer mit rechten Dingen zuging, war allseits bekannt. So war es
besonders amüsant, hinter vorgehaltener Hand zu erfahren, daß Erich Honnecker
bei seinem berühmten Blick durch's Mikroskop einen Wafer mit defekten
1-Megabit-Schaltkreisen betrachtete - die reale Entwicklung hinkte der des XI. Parteitages
der SED hinterher. Und das obwohl bereits 1984 zum VEB Kombinat Mikroelektronik 23 Betriebe
und Einrichtungen mit etwa 60.000 Beschäftigten gehörten.
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- Hier soll es jedoch vornehmlich um die Entwicklung der DDR-Computertechnik gehen, die
nachfolgend anhand der Neuvorstellungen der Leipziger Frühjahrsmessen gezeigt werden soll.
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- 1984
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- Mikrorechnerschaltkreise
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- Das bereits bekannte U 880 Mikroprozessorsystem wurde mit erweitertem Temperaturbereich
bzw. erhöhter Taktfrequenz (4 MHz) präsentiert. Als Neuentwicklung war der
DMA-Controller U 858 D zu sehen. Ergänzend wurde ein Sortiment
Einchip-Mikrorechner vorgestellt, die neben einer 8-Bit-Verarbeitungseinheit auch periphere
Schaltungselemente und zum Teil interne ROMs vereinen.
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- Computer
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- Vom VEB Mikroelektronik Karl Marx Erfurt wird der Schachcomputer "Chess Master"
ausgestellt, der neben vielen Funktionen einen hohen Bedienkomfort bietet (z. B. automatische
Figurenerkennung über Identifikationsfelder). Der VEB Mikroelektronik Wilhelm Pieck
Mühlhausen zeigt den Heimcomputer HC 900 - den Vorläufer des KC 85/2.
Ein weiterer Heimcomputer wurde vom VEB Kombinat ROBOTRON unter dem Namen Z 9001
(später KC 85/1) vorgestellt, ebenso der Lerncomputer LC 80.
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- 1985
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- Mikrorechnerschaltkreise
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- Die 16-Bit-Prozessoren UB 8001 C und UB 8002 D (Z8000-Technologie)
wurden vorgestellt und waren für den Einsatz in Systemen der Steuer- und Regeltechnik,
in Mikroprozessorsystemen und Parallelrechnern konzipiert. Für Steuerungs- und
Zeitgeberaufgaben in der Nachrichtentechnik, Automatisierungstechnik, Unterhaltungselektronik,
Spielzeuge, Haushaltsgeräte usw. waren die Einchip-Mikrorechner UB 8840/41 M
und UB 8860/61 D vorgesehen, die ebenfalls in diesem Jahr vorgestellt wurden.
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- Computer
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- Herausragendes Exponat war der A 7100 von ROBOTRON, ein 16-Bit-Arbeitsplatzrechner,
der vor allem zur Rationalisierung und Automatisierung ingenieurtechnischer Arbeiten
eingesetzt wurde. Aber auch der PC 1715, ein CP/M-kompatibler 8-Bit-Computer, wurde
der Öffentlichkeit präsentiert. Ein CAD/CAM-System für Konstrukteure und
Technologen für die rechnergestützte Vorbereitung der Produktion wurde ebenfalls
von ROBOTRON in Form des A 6454, bestehend aus Digitalisiergerät mit Spracheingabe,
Plotter, Drucker und Rastersichtgerät, präsentiert.
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- 1987
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- Mikrorechnerschaltkreise
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- Zahlreiche Einchip-Mikrorechner - z. B. U 8611 DC 08, UB 8810 P,
UB 8830 P und UB 8860 P - wurden präsentiert. Der
Grafik-Display-Controller U 82720 D für den Einsatz in Mikrorechnern mit
Rastergrafik- bzw. alphanumerischen Displays wurde vorgestellt.
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- Computer
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- Der Schachcomputer "CMC Diamond" basiert weitestgehend auf seinem Vorgänger
"Chess Master" und wurde gegenüber diesem um einen Steckplatz für eine
Programmkassette zur Repertoireerweiterung ergänzt. Als Weiterentwicklung des
KC 85/2 wurde der Kleincomputer KC 85/3 mit integriertem ROM-BASIC-Interpreter
präsentiert. Interessant sind vor allem die vorgesehenen Einsatzbereiche: Rechner und
Entscheidungshilfe für Konstruktionsabteilungen, Rationalisierung der Büroarbeit
durch Anwendung eines Schreibsystems oder einer Datenbank, zur Steuerung von Prozessen im
Laborbetrieb, als Arbeitshilfsmittel im Hoch- und Fachschulbetrieb und in der Forschung, in
der Volksbildung als Hilfsmittel zur optimalen Stoffvermittlung und im Computersport der
GST und in Arbeitsgemeinschaften.
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- 1988
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- Mikrorechnerschaltkreise
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- Zu den international eingeführten SCC-Schaltkreisen (serielle Interface-Bausteine)
wurden die Äquivalenttypen U 82530 DC und U 8030 DC vorgestellt.
Ebenso waren die universellen Peripherieschaltkreise (Zähler/Zeitgeber und parallele
Ein-/Ausgabe) U 82536 C und U 8036 DC zu sehen. Der präsentierte
Floppy-Disk-Controller U 8272 D diente als Steuerschaltkreis für
Diskettenlaufwerke zur Organisation des Datenaustausches zwischen der CPU und maximal
4 Laufwerken.
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- Computer
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- Mit dem Personalcomputer EC 1834 zeigte der VEB ROBOTRON Büromaschinenwerk Ernst
Thälmann Sömmerda einen Rechner der sogenannten 2. Generation. Dieses Gerät
entsprach dem ESER-Standard und war dank des 16-Bit-Prozessors K 1810 WM 86
kompatibel zum PC/XT. Als Betriebssystem kam das MS-DOS-Derivat DCP zum Einsatz. Für
die folgenden Aufgaben war der EC 1834 vorgesehen: Bürorationalisierung,
Leitungsinformationssysteme, wissenschaftlich-technische Aufgaben, CAD-Aufgaben mittleren
Leistungsumfangs, Textverarbeitung, Arbeitsstation in lokalen Netzen und Terminal in
Mehrplatzsystemen.
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